Von Reuters zum Stern, von der nüchternen Nachrichtenagentur zur Wundertüte, wie die Illustrierte damals auch intern genannt wurde, weil man in keiner Woche wusste, was alles in der neuen Ausgabe stehen wird. Es war der Wechsel in eine neue Welt. Der Stern war in den 80er Jahren nicht nur bunte Illustrierte, sondern auch ein Blatt, das politisch ernst genommen wurde. Das sollte für mich Folgen haben. Im Kanzleramt, wo ich als Reuters-Korrespondent zum Kanzlertee eingeladen war, wurde ich beispielsweise plötzlich zur Persona non grata erklärt, die bei Regierungsreisen nicht einmal ins selbe Flugzeug steigen durfte wie Bundeskanzler Helmut Kohl. Auf der anderen Seite öffneten sich Türen wie die von CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, dem das Blatt ebenso wie der Spiegel schon wegen ihrer kritischen Haltung zu Kohl sympathisch war.

Aber noch wichtiger als diese Erfahrungen, waren die Ratschläge meines Bonner Büroleiters Kurt Breme, der meine Geschichten redigierte. Trockene Nachrichtensprache, wie ich sie von Reuters kannte, hatte bei Kurt keine Chance. Alles mussten wir möglichst einfach und möglichst bunt formulieren, so dass die Lektüre auf Anhieb Spaß machte. Der Einstieg in die Geschichte, war die größte Hürde. Das Küchenzuruf-Gebot des Stern-Gründers Henri Nannen war der Maßstab. Es gilt heute noch. Bevor du eine Geschichte schreibst, stelle dir die Frage, wie du sie deiner Frau erzählen willst, wenn du in die Küche kommst. (Die damals typische Rollenverteilung…) Diesen Zuruf verfasse in korrekt geschriebene Sprache. Beispiel gefällig? Nachrichtendeutsch: Der Bundestag hat am Donnerstag die kontrollierte Freigabe von Cannabis in Deutschland beschlossen. Im Küchenzuruf-Deutsch. Wer in Deutschland Cannabis besitzt und konsumiert, muss künftig nicht mehr grundsätzlich Angst vor Strafe haben.

Nach meiner Rückkehr zu Reuters als Korrespondent und später als Chefredakteur des deutschen Dienstes habe ich an diesem Stil festgehalten. Schreiben, dass jeder es versteht: so einfach und interessant wie möglich, gleichzeitig immer korrekt und zuverlässig. Das geht auch in der Nachrichtenagentur und erst recht in der PR. Als Kommunikationsberater und Inhaber von Kohl PR und Partner blieb ich deshalb dieser Devise treu. Insbesondere in Pressemitteilungen war das nicht immer einfach. Viele Kunden dachten, eine einfache Sprache werte ihr Botschaft ab. Was für ein Trugschluss. Je mehr Personen sie auf Anhieb verstehen, umso besser ist es.

Heute erlebe ich in meinen Kommunikations-Coachings, wie schwer sich Führungskräfte häufig mit einfachen Botschaften tun. Das beginnt schon bei der Beschreibung des eigenen Unternehmens und seiner Besonderheit.

Testen Sie sich einmal selbst und machen Sie den Elevator-Pitch.